4. Ars moriendi - die Kunst des Sterbens
In Spätmittelalter und Früher Neuzeit galt, dass
die "sittliche Verfassung des Menschen in seiner Todesstunde
(...) sein ewiges Geschick bedingte" (TRE 4, S. 144).
Es war also wichtig, rechtzeitig auf den Tod vorbereitet
zu sein - in unsicheren Zeiten, mit Krieg, Hunger und Pest,
kein leichtes Unterfangen. Oft kam der Tod mit einer Plötzlichkeit,
die die Dauer der Vorbereitung auf den Tod erheblich verkürzen
konnte.
Kurz: Schon die Gesunden mussten wissen, was die Sterbestunde
mit sich brachte. Dafür schrieben Geistliche Anleitungen
über die Kunst des heilsamen Sterbens, die sogenannten
ars moriendi. Ursprünglich als Hilfe für junge
Priester gedacht, wurden die ars moriendi schließlich
auch für den Laien in die Volkssprachen übersetzt.
Sie fanden v.a. vom 15. bis 17. Jahrhundert eine weite Verbreitung.
Ein Vorbild dafür war der dritte Teil ("De arte
moriendi") der Schrift "Opus tripartium"
von Johannes Gerson (1363-1429). Die Abhandlung Gersons
bestand, wie viele nachfolgende Schriften, aus drei Teilen:
Ermutigen, Fragen und Beten. Darüber hinaus liefert
der Verfasser Hinweise zur praktischen Handhabung. (Neher,
Ars moriendi, S. 187)
Hinzu kamen immer mehr Sterbebücher: die sogenannten
Bilder-Artes, die mit Bild und Text ausgestattet waren.
Auch sie hatten den Zweck, dem Sterbenden die vor ihm liegenden
Geschehnisse vor Augen zu führen, "damit er sich
wappnen könne" (ebd., S. 71).
Doch was genau hatte der Sterbende zu erwarten? Wie musste
sich der Einzelne vorbereiten, dass er sich seines Seelenheils
sicher sein könnte? Worin bestand die Kunst des Sterbens?
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